Ergebnisse des Forschungsprojektes OptDigest

10.07.2023

Schaum in Faultürmen

Aufgrund der notwendigen Umstellung der Energieversorgung auf erneuerbare Energieträger und der aktuellen Verknappung von Erdgas gewinnt die Biogaserzeugung zunehmend an Bedeutung. Kläranlagen sind in Südtirol flächendeckend vorhanden und haben ein erhebliches Potenzial zur Erzeugung von erneuerbarer Energie in Form von Biogas, sie können daher einen interessanten Beitrag zum Klimaplan leisten. Das anaerobe Verfahren zur Erzeugung von Biogas aus Klärschlamm ist bekannt und technisch etabliert, kann und muss aber in einigen Punkten noch optimiert werden. Eine davon ist die Schaumbildung in Fermentern. Dieses Phänomen ist in der Literatur bekannt und bereitet der Verfahrenstechnik und der Anlagenwartung Probleme. Im Rahmen des industriellen Forschungsprojekts "OptDigest" arbeiten mehrere Unternehmen in diesem Bereich zusammen, um dieses Phänomen zu untersuchen und wirksame Strategien zur Verringerung des Schaums im Vergärungsprozess vorzuschlagen. Im Rahmen des Projekts wurde das technische Know-how der Ingenieure von Atzwanger AG für den Bau einer Pilotanlage zur Vorbehandlung von Klärschlamm zur Verfügung gestellt, um die Schaumbildung zu minimieren. Nach ersten Labortests wurde die Pilotanlage in der Kläranlage Unteres Pustertal installiert.

Schaum in Faultürmen

Die beteiligten Partner: Atzwanger AG, Stuga KG, Inewa, Biotreat GmbH und ARA Pustertal, gefördert von der Autonomen Provinz Bozen

Nachweis von Effekten ist oft eine Herausforderung

Auf Kläranlagen werden oft großtechnische Versuche gefahren, um die Wirkung von Verfahren oder Prozessmitteln zu untersuchen. Oft werden diese Versuche in Zusammenarbeit mit den entsprechenden Lieferanten gemacht.

Es gibt selten ideale Versuchsbedingungen und im Realbetrieb spielen viele Parameter mit eine Rolle, sodaß es leicht dazu kommen kann, daß Wirkungen falsch eingeschätzt werden. Wenn die Versuche nicht mit der notwendigen Sorgfalt und unter Beachtung der Regeln guter technisch/wissenschaftlicher Praxis durchgeführt werden können falsche Schlüsse gezogen und in Folge möglicherweise wirkungslose Prozessmittel und Verfahren zum Einsatz kommen.

Deshalb wurde bei diesem Projekt Wert darauf gelegt, den Prozess gut zu kontrollieren um aussagekräftige Kennzahlen zu bekommen. Als oberste Regel gilt bei solchen Versuchen, daß man dem Ergebnis neutral gegenüber steht.

Großtechnischer Versuch

Bereits 10 Wochen vor der Inbetriebnahme der Versuchsanlage auf der ARA Unteres Pustertal wurde auf der Kläranlage mit den Messreihen zur Ermittlung des Ist-Zustandes begonnen.
Die Wirkung der thermischen Vorbehandlung sollte umfassend untersucht werden, nicht nur das Schaumverhalten, auch das Abbauverhalten, das Entwässerungsverhalten etc. sollten erfasst werden.
Anschliessend erfolgte der Versuch mit thermischem Aufschluss des ÜSS, der aber in der fünften Versuchswoche wegen Ausfalls einer Pumpe abgebrochen werden musste. Wegen langer Lieferzeiten des Ersatzteils machte es keinen Sinn, den Versuch nachher für wenige Wochen wieder aufzunehmen.
Gleichzeitig zum Großversuch wurden die Laborversuche gefahren, um die Auswirkung der thermischen Vorbehandlung unter kontrollierten Bedingungen zu untersuchen.

Großtechnischer Versuch

Container und Reaktor

Die Ergebnisse

Wenn man alle Ergebnisse und Erfahrungen aus Literatur und dem vorliegenden Projekt versucht zusammenzufassen, ergibt sich ein uneinheitliches Bild!

Im Labor läßt sich der CSB-Aufschlussgrad der thermischen Vorbehandlung gut reproduzieren.
Eine Zunahme der Biogasproduktion durch die Thermohydrolyse ist aber meist nur bei Vergärung von ÜSS nachweisbar, bei Vergärung von Mischschlämmen (ÜSS+PS) bleibt der Effekt nicht signifikant.

Bei den Entwässerungseigenschaften konnte keine signifikante Veränderung in den vorliegenden Versuchen festgestellt werden, entgegen zu den Versuchen von J. Kopp, wo signifikante Veränderung des Entwässerungskennwertes TR(A) erreicht wurden.

Entgegen allen Erwartungen wurde eine signifikante Veränderung (Erhöhung!) der maximalen Schaumhöhe durch Vorbehandlung im Labor Fed Batch Versuch gemessen.
Dies würde somit einen negativen Effekt auf das Schaumverhalten bedeuten, was aber nicht mit Literaturhinweisen und Erfahrung der ARA Tobl zusammen passt.

Wegen dem vorzeitigen Abbruch ist der Großversuch insgesamt zu kurz gelaufen, der Versuch brachte aber ähnliche Ergebnisse wie im Labor: Stabiler Prozess, kein Einfluss auf das Entwässerungsverhalten und keine Verbesserung des Schaumverhaltens.
Aber: der Abbaugrad wurde während der Behandlung reduziert, möglicherweise ist das auf größere Mengen an Fällmittel zurückzuführen, die während des Versuchs im Faulturm dosiert wurden.

Somit konnten insgesamt noch keine eindeutigen Schlüsse gezogen werden und es bleiben offene Fragen:

Inwieweit schwanken die Ergebnisse von Kläranlage zu Kläranlage?
Inwieweit hat die Zusammensetzung des Überschussschlammes einen Einfluss

  • auf die Veränderung des Gasertrages
  • auf die Veränderung der Entwässerungseigenschaften
  • auf das Schaumverhalten

Weiterführende Untersuchungen sind notwendig!