Thermohydrolyse: ein neues Verfahren auf der Kläranlage Tobl

06.10.2020

Unser Sorgenkind Überschussschlamm (ÜSS)

Der Überschussschlamm (ÜSS) musste aufgrund baulicher Gegebenheiten über einen langen Transportweg (ca. 350m) zum Vorlagebehälter Beschickung Faulturm gepumpt werden. Daraus entstanden folgende Probleme:

  • hohe Druckverluste hervorgerufen durch die langen Pumpleitungen (>10bar) welche wiederum:
    • einen hohen Verschleiß an den Exzenterschneckenpumpen verursachten
    • hohe Ersatzteilkosten
    • großen Wartungsaufwand
    • großen Stromverbrauch
  • Fettablagerungen in der Schlammleitung, welche immer wieder mit Hilfe eines Spülfahrzeuges gereinigt werden mussten. Im Winter trat dieses Problem, hervorgerufen durch die niedrigen Temperaturen, noch in verstärkter Form auf.

Diesen genannten Problemen entgegenzuwirken, versuchten wir die Trockensubstanz auf unter 5% TS zu halten. Das führte dazu, dass die Schlammmenge, durch den hohen Wassergehalt, stark anstieg, was wiederum zur Folge hatte, dass sich die Aufenthaltszeit im Faulturm verkürzte. Dadurch sanken die Gasausbeute und die Gasqualität. Parallel dazu stieg das Risiko der Übersäuerung („kippen“) des Faulturmes. Ebenso steigt bei kürzeren Aufenthaltszeiten im Faulturm der Anteil organischer Stoffe und der Schlamm lässt sich schlechter entwässern. Somit stiegen auch hier wiederum die Kosten.

Eine Lösung musste her. Es entstand das Kleinprojekt T19-18 (thermische Vorbehandlung ÜSS).

Mittels Laboruntersuchungen wurde festgestellt, dass sich bei thermischer Vorbehandlung des ÜSS von 60-70°C sowohl die Pumpbarkeit des Schlammes erheblich verbesserte als auch die Abbaubarkeit und der Methanertrag erhöhten. Für den Kläranlagenbetrieb ergeben sich dadurch folgende Vorteile:

  • Die Viskosität des ÜSS sinkt um ca. 90%.
  • Die Aufenthaltszeit im Faulturm verlängert sich.

Das Ingenieurbüro BioTreaT, welches uns im Projekt begleitete, rechnet zudem mit einer möglichen Steigerung der Methangasproduktion von 30.000m³ bzw. einer Steigerung der elektrischen Energie um die 100.000kWh pro Jahr.

Die neue Anlage ist in Betrieb

Die neue Anlage ist nun in Betrieb und die ersten Ergebnisse sind sehr vielversprechend:

  • Der Pumpdruck konnte halbiert werden. Von 12-14 bar auf ca. 4-6 bar.
  • Kleinere Pumpen mit geringerer Antriebsleistung sind zum Einsatz gekommen
  • Der Verschleiß der Pumpen reduziert sich
  • Der ÜSS kann nun von 4-5% TS auf 6-8% TS eingedickt werden, was eine erhebliche Reduktion der Schlammmenge bedeutet
  • Durch die längere Aufenthaltszeit im Faulturm sinkt der organische Anteil im Faulschlamm und die Gasproduktion steigt um 20-30%.
  • Durch den tieferen organischen Anteil im Faulschlamm (laut Koop ca. 5%), steigt die Trockensubstanz nach der Schlammentwässerung bei geringerem Polymerverbrauch (> ca. 3kg WS/kg TS)

Laut Literatur sollte sich die thermische Behandlung von ÜÜS noch positiv auf die Schaumbildung im Faulturm auswirken. Dies werden wir noch beobachten.

Was sagt unser Verfahrenstechniker

Laut Hannes, unserem Verfahrenstechniker, hat sich in Summe der Um-bzw. Neubau jetzt schon gelohnt und mit Freude dürfen wir diesen neuen Teil der Anlage nun betreiben.